Jahresbericht Höhlengruppe 2016

Erstmals hell wurde es in der Osterwoche wie im Vorjahr an der wunderschönen Ardeche in Frankreich. Von Norden her bevölkerten die wärmeliebenden Höhlenforscher 2 Ferienhäuser (waren wir 16 Forscher?) und locker ein Dutzend Höhlen. International bekannt sind dabei die sehr zugangsbeschränkten Aven Noel und Grotte St. Marcel – wir waren mit Genehmigung drin. Doch auch an anderer Stelle liegen hinter tiefen Schächten, weit ab im Verborgenen echte Schatzkammern mit unvorstellbaren Sinterformationen und Calzitkristallen. Man mag es kaum glauben, aber von all dem filigranen Sinter kann man temporär sogar in die Übersättigung geraten!

So standen im Mai schon wieder 10 Freunde des Untergrunds parat um im Französischen Jura etwas handfestere Höhlen zu befahren. Dabei wurde auch aus dem nassen Schlamm heraus fleißig die Seiltechnik geübt. So geschehen auch in der Grotte Thaverotte, welche wir endlich bis zum bitterkalten wasserreichen Ende geschafft haben – das vergisst man nicht.

Im Juni wurde Jochen und ich von 3kg schweren Päckchen überrascht. Die neue 752 Seiten starke österreichische Höhlenbibel „Höhlen und Karst in Österreich“ wurde nach 3 Jahren Arbeit in den Handel gebracht. Daran haben wir als langjährige Gebietskenner mit dem Kapitel über die Loferer Steinberge als Co-Autoren unseren Anteil.

Die gute Vorbereitung auf die Vortour Anfang Juli wurde überraschend belohnt. Auf Anhieb konnten wir dort in 2-3 Teams den vertikalen Brunnenschacht bis auf -200m Tiefe hinab erobern – WHOW ! Geht natürlich weiter … . Die Jungforscher kamen durch „wir gucken mal“ im neu entdeckten Laschenschmeisser mit 150m Seil nicht ans Ende !! Schon war das vertikale Fieber ausgebrochen!! Da war es ganz gut, daß andere Neuentdeckungen am Wegesrand wie „Kleiner Schlingel“ und „Äppelwoikeller“ schnell vollständig vermessen waren. Sonst wären wir wohl nicht wieder rechtzeitig nach Hause gekommen!

Allerdings zu Hause wollte im August sowieso niemand bleiben, denn die Jubiläumsexpedition in den Gouffre Berger im Vercors / Frankreich war seit Weihnachten ausgemachte Sache. !! DAS ist DER Everest der Höhlenforschung! Vor 60 Jahren wurde diese 1953 entdeckte Höhle im heroischen Expeditionsstil der damaligen Zeit, als erste Höhle weltweit bis über 1 Kilometer Tiefe befahren. 1956 eine absolute Sensation – unvorstellbar wie die Mondlandung – und auch Heute noch eine sehr ernste Sache. Die Höhlenvereine der Umgebung hatten eingeladen und mit der Befahrung um die Suche und den Transport des zum Teil 60 Jahre lang unten liegengelassenen Mülls gebeten. Leider sind manche Höhlenforscher da auch nicht besser als Bergsteiger! Die Zeltreste, Benzinbehälter und Sauerstoffflaschen (der Taucher) vergangener Tage, nebst völlig unnötigem touristischem Müll der letzten 40 Jahre, liegen statt im Base camp oder Hochlager X , eben verstreut in der Biwakkette bis vor den ersten Siphon in 1122 m Tiefe. Da wollten wir hin, doch wegen Hochwasser-bedingt abgerissenen Seilen, kamen wir „nur“ bis -705m Tiefe hinab. Allerdings ging es von dort mit eingesammeltem Müll und unglaublichen Eindrücken der sehr schönen Höhle in 17 Stunden non-stop Tour, abgekämpft und müde wieder an die im Bergwald gelegene Oberfläche zurück. Ein bemerkenswertes vertikales Highlight !!

Somit konnten die gestählten Helden locker zum einwöchigen Camp auf dem Schneefeld in Lofer einlaufen. Unsere beiden 4-Mann Zelte waren voll belegt, das Wetter und die Stimmung super. Schon kündigte sich das nächste epische Ereignis an. Wie im Nachrichtenblatt 3/16 berichtet, gelang über den fast ausschließlich senkrechten ORO-Freezer, mit seinem bis auf -83m vereistem Eingangsschacht, der entscheidende Vorstoß. Ab -318m ging es über die Kante bodenlos, auf gut Glück, mit maximal viel Seil in ein schwarzes Nichts hinab. Die Nerven dürften so gespannt gewesen sein wie die Seile  , mindestens ! . Ca. 150m tiefer bei -475m landeten wir sanft und plötzlich überglücklich in einem Endpunkt des Loferer Schachts ! Das Großhöhlensystem Loferer Schacht – ORO-Freezer ist nun 11 Kilometer und 616 Meter lang – und geht noch weiter.

Von der Großhöhlenforschung angefixt machten wir gleich in Hessen mit der SAH im Herbstlabyrinth ein paar Schlote und Schächte klar. Die vertikalen Angelegenheiten wie Schlote hochbohren, oder „Engstellen am Seil“ werden uns gerne zugeteilt. Das flutscht. Komischerweise sind die Tagestouren zur Forschung in die weit entlegenen Höhlenteile auch meist gegen 12 Stunden lang. Gesamtlänge Ende 2016 11,3 Kilometer. Und geht weiter …

Fehlt noch das vor-vorletzte Highlight des Jahres -> Na klar, die Neulandforschung in der Kreuzhöhle im Oktober zum Hüttenschluß mit internationalem Team. Leider ist die ca. 2175m hoch gelegene Höhle inzwischen auch so groß, daß wir 4 Nächte in der Höhle und nur 2 Nächte in der Hütte geschlafen haben. Auch da zieht es gewaltig vertikal, fantastischerweise hinab in den Dolomit. Bis minus 662m haben wir vermessen. Und noch immer sind 3 unabhängige offene Enden das Paradies für professionelle Forscher. Gibt es außer SENSATION noch passende Worte?

Ahhh, Entspannung ! Französischer Jura im allseits bekannten Kuhdorf stand im November an. Kaum erwähnt, ZACK, schon stehen 11 Teilnehmer auf der Liste. War nett, lustig, für manche anstrengend, sozial, kulinarisch einfallsreich und wohl alle konnten etwas lernen. Großhöhlen wie die Borne aux Cassots, kleine sehenswerte Schmankerl, Musik im Untergrund, lokaler Wein, Baguette und Käse. Sonnenschein und Höhlenleben wie Gott in Frankreich. Wer nicht dabei war hat wirklich etwas verpasst.

Text: Oliver Kube

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